Kultur

Rinderreichtum

Heute Vormittag saß ich geschlagene drei Stunden vor dem „Regional Immigration Office“ und hoffte darauf, einen Stempel oder irgend etwas in meinen Pass zu bekommen, das mir erlaubt, länger als 90 Tage im Land zu bleiben. Ob es erfolgreich war, erfahre ich erst am Dienstag und wenn ja, werde ich natürlich die gesamte Geschichte hier verewigen. Ok, auch dann wenn es nicht erfolgreich war. Jedenfalls hatte ich heute Morgen Zeit, und so habe ich endlich meine Erkenntnisse zum Thema Kühe in Botswana zusammengeschrieben.

Here we go:

Kühe gehören zu Botswana wie der rote Staub und der ewige Sonnenschein.

Wobei ich Sonne und Kühe genieße. Ich dachte, dass ich die Sonne irgendwann satt haben und mir Wolken wünschen würde, aber anscheinend muss ich auch nach über zwei Monaten noch meine Vitamin-D-Speicher füllen.

Das Läuten der Kuhglocken klingt so vertraut und lässt uns glauben, dass wir auf der Alm wären.

Kühe laufen hier frei herum und grasen, wo sie was zu fressen finden. Deshalb sollte man auch nach Anbruch der Dunkelheit besonders vorsichtig fahren – sowohl, um selbst keine Kuh zu erwischen, als auch um anderen ausweichen zu können die ihrerseits einer Kuh ausweichen.

Um solche Unfälle zu vermeiden, muss der Besitzer der Rinder für Schäden aufkommen. Man hofft, damit die Kühe von den Straßen fernzuhalten. Weil aber Weideland Mangelware ist, bleibt vielen wohl nichts anderes übrig, als die Tiere trotzdem ziehen zu lassen. So hören wir die Kühe oft bis spät in die Nacht bimmeln, denn gemolken werden sie nicht. Stattdessen haben sie ihre Kälber dabei.

Kühe neben der A1 zwischen Gaborone und Lobatse. Wenn sie auf der einen Seite nichts mehr finden, spazieren sie auch gern auf die andere Straßenseite und schauen, ob das Gras dort grüner ist.

Milchprodukte sind hier übrigens teuer und es gibt nur eine kleine Auswahl. Ein Paket Frischkäse oder eine Tüte Milch kosten etwas mehr als 2 Euro. Rindfleisch hingegen ist günstig wie Brot und schmeckt hervorragend. Rinderzucht ist ein wichtiger Wirtschaftszweig hier, das drittwichtigste Exportgut nach Diamanten und Kupfer-Nickel-Konzentraten. Ein Großteil der Exporte geht übrigens in die EU.

Privat werden Rinder nicht gehalten, um sie zu schlachten oder zu melken, sondern als Wertanlage. So ist es Tradition bei den Batswana, und die meisten Rinder hatte (und vermutlich hat) der Kgosi, der ranghöchste Mann bei den Batswana. Wer heiraten möchte, muss den Brautpreis Bogadi in Kühen zahlen, das gilt bis heute. Eine Braut kostet 5-10 Kühe. Wenn ein Kind außerhalb der Ehe geboren wird und der Vater es anerkennen will, fließen ebenfalls Kühe. Und zur Hochzeit selbst natürlich auch.

Rindertransport, hier in Lobatse

Entsprechend drastisch sind die Strafen, wenn jemand eine Kuh stiehlt und erst recht, wenn er diese dann auch noch schlachtet. Vor ein paar Wochen habe ich in der Zeitung gelesen, dass zwei Männer, die 2014 zwei schwangere Kühe gestohlen und geschlachtet haben, jetzt zu sieben Jahren Haft (!!) und einer Zahlung von knapp 4000 Euro verurteilt wurden:

„The Francistown High Court sentenced two Mahalpye men to seven years imprisonment for stealing and slaugthering the police crime intelligence director’s cattle. (…) The Judge also ordered the duo to compensate with the sum of P50,000 for the two cattle.“

mmegi, 30.4.21

Die Bedeutung von Rindern ist also immens. Das ist insofern ein Problem, als es eben nicht genug Futter und Wasser für sie gibt. Während einer besonders schlimmen Dürre in den 1980ern wurden die Besitzer gebeten, einige Tiere schon vorab zu schlachten. Das wollten sie nicht, und schließlich verendete ein Drittel aller Rinder in Botswana.

Heute gibt es wieder 3 Millionen Rinder in Botswana, also mehr als Einwohner. Und ein paar davon hören wir jeden Abend in der Nähe grasen und bimmeln.

Rinder-Rushhour in unserem Viertel.

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